(Nicht nur) für Eltern
Dass Kinder tyrannisch seien, ist in den letzten Jahren wieder häufig behauptet und breit debattiert worden. Ein solcher Befund hat bei den Kontroll-Freaks unter den Erwachsenen stets Beobachtungs- und Beherrschungs-Phantasien mobilisiert. Die Ängste vorm diktatorischen Kind, wie berechtigt auch immer, haben eine längere Geschichte. Die Historikerin und Journalistin Miriam Gebhardt hat das Thema akribisch aufgearbeitet. Materialreiches Resultat: „Die Angst vor dem kindlichen Tyrannen – Eine Geschichte der Erziehung im 20. Jahrhundert“ (DVA, 330 Seiten, 24,95 €). Der Wandel gesellschaftlicher Normen hat sich immer auch und gerade in der (frühkindlichen) Erziehung besonders rigide abgezeichnet. Was ist den kleinen „Untertanen“ zu Kaiserzeiten, den Zöglingen der NS-Zeit, ja auch noch den DDR-Sprösslingen und dem frühen BRD-Nachwuchs angetan worden? Hauptsächliche Zielrichtung des Buches ist es, jene wenigstens nachdenklich zu stimmen, die heute fordern, man müsse Kindern endlich „wieder Grenzen setzen“. Das mag ja einen gewissen Sinn ergeben. Doch man sollte immerhin wissen, welches Unheil Erzieher der letzten Generationen angerichtet haben. Und schon wird man hoffentlich vorsichtiger zu Werke gehen. (copyright bernd berke)